Lastmanagement - Warum braucht man überhaupt eines?

Allgemein bekannt ist, dass Wallboxen hohe Leistungen haben können. Üblicherweise laden heutige Elektroautos mit 11 kW, unsere Wallboxen können bis zu 22 kW abgeben. Dies ist deutlich mehr, als andere übliche Hausverbraucher wie Backofen, Herd, Spülmaschine etc. aufweisen. Hinzu kommt: Wallboxen sind Dauerläufer: D.h. diese können auch mal mehrere Stunden ihre maximale Leistung abgeben. 

 

In Konsequenz fordert die VDE (technisches Regelwerk), dass bei ungeregelten Systemen Wallboxen als Dauerlasten am Hausanschluss mit ihrer maximalen Leistung berücksichtigt werden müssen. Im Bestand und auch im Neubau können mit dieser Forderung – wenn überhaupt – nur wenige Wallboxen angeschlossen werden, da eben bis zu 22 kW je Wallbox vorgehalten werden müssen. Wie in unserem Artikel ausgeführt, reichen aber deutlich geringere Leistungen von unter 1 kW Ladeleistung je Stellplatz, um die notwendigen Ladungen in privaten Anlagen zu ermöglichen. Damit bei Anlagenleistungen von 1 kW/Stellplatz dennoch einzelne Wallboxen mit bis zu 22 kW arbeiten können, muss ein Lastmanagement sicherstellen, dass die Grenzen am Hausanschluss und im System eingehalten werden. D.h. die Aufgabe des Lastmanagements ist es, alle Knoten zu überwachen und ggfls. die Wallboxen so zu steuern, dass keine Überlasten stattfinden. 

Wird aber ein Lastmanagement installiert, trägt dies deutlich zur Kostenreduzierung der Anschlusskosten bei. Mit Lastmanagement wird vermieden, dass große neue und oftmals nahezu unbezahlbare Anschlüsse gesetzt werden müssen – ohne dass Nutzbarkeit verloren geht. In den meisten Fällen lässt sich ein Lastmanagement so auch direkt am Bestand anschließen.

Die Regelung am Hausanschluss - Haus hat immer Vorrang

Generell unterscheiden wir beim Lastmanagement zwei Arten. Hierbei geht es nur um die Regelung am Hausanschluss (Erdkabel) selbst, also dem Erdkabel, welches in die Liegenschaft führt. Die interne Verteilung des Stroms in der Elektromobilität ist davon unabhängig.

  • Festes Lastmanagement

    Wenn an einem Hausanschluss die gewünschte Leistung für die Elektromobilität durchgehend zusätzlich der anderen Lasten wie Haus etc. zur Verfügung steht, dann regelt das Lastmanagement zu jeder Zeit gegen diesen festen Wert. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die gewünschte Leistung am Hausanschluss als Reserve noch vorliegt, oder ein neuer Hausanschluss für die Elektromobilität geschaffen wird.

  • Dynamisches Lastmanagement

    Ein dynamisches Lastmanagement wird benötigt, wenn der Hausanschluss zu wenig feste Reserve für die Elektromobilität hat. Dies ist der Standardfall bei Mehrfamilienhäusern. Hier ist der Bestand nominell ohne große Reserven für das Haus dimensioniert. Allerdings liegen hier große faktische Reserven vor, tags liegen üblicherweise 50 %, nachts liegen über 90 % des Hausanschlusses brach. Wird zu jedem Zeitpunkt der tatsächliche Bedarf des Hauses gemessen, kann der Rest der Elektromobilität zugeführt werden. Wichtig: Das Haus hat Vorrang - nur der tatsächliche Überschuss kann für die Elektromobilität genutzt werden.

Über diese Regelung wird also der für die Elektromobilität verfügbare Strom festgelegt. Dieser kann nun in einem zweiten Schritt an die Wallboxen verteilt werden.

Die Regelungen intern - fair geht vor

Über die Messung des Stroms am Hausanschluss/ Erdkabel sowie den sonstigen Begrenzungen (z.B. maximale Strombelastung des Elektromobilitätszählers) steht also die Leistung, die an die Wallboxen verteilt werden kann, fest. Wir haben uns hier viele Gedanken gemacht, wie wir diese im privaten Bereich fair auf alle Nutzer:innen aufteilen können. 

Wir erläutern dies an einem Beispiel einer 30 Stellplatz-Garage im Vollausbau (also 30 vollelektrische Autos) mit einer maximalen Anlagenleistung von 30 kW. Zur Vereinfachung können alle diese Autos mit maximal 10 kW laden. Wie erfolgt hier die Regelung?

  • Startphase

    Das erste Auto wird angesteckt und erhält die volle Ladeleistung. Die zwei kommenden ebenfalls. Nun ist die Anlage ausgelastet.

  • Regelung gegen Maximallast

    Soll nun ein viertes Auto geladen werden, verweigern einige Ladesysteme die Ladung für neue Autos. Unsere Philosophie ist, dass die Leistung möglichst breit verteilt werden soll. Wir regeln also nun die schon ladenden Autos ab, so dass möglichst viele weitere Autos parallel laden können. Norminativ können wir aber nicht unter 5 kW regeln. D.h. in unserem Beispiel mit 30 kW können maximal 6 Autos gleichzeitig geladen werden. Danach müssen auch wir Autos in die Warteschleife setzen, um den Hausanschluss und die übrigen Grenzen nicht zu überlasten.

  • Grundladung

    Aber auch in der Warteschleife sollen die Autos nicht ewig auf Strom warten müssen. Sofern also Autos in der Warteschlange sind und schon ladende Autos mehr als 20 kWh erhalten haben (Dies entspricht dem doppelten Tagesbedarf.), "tauschen" diese die Plätze. D.h. alle Autos erhalten auch bei ausgelasteten Systemen recht schnell 20 kWh Grundlademenge.

  • Vollladung

    Wenn alle Autos die Grundlademenge erhalten haben, dann zählt wieder das Windhundprinzip, d.h. dann werden die Autos entsprechend der Ansteckzeit vollgeladen. Ziel ist es, dass alle Autos um 6 Uhr wieder vollgeladen sind.

  • Prio-Ladung

    Normalerweise schalten Sie die Ladung mit einem blauen Chip frei. Wenn es einmal schneller gehen soll und Sie möglichst nicht in der Warteschleife landen möchten, dann können Sie den roten Chip, den Sie auch erhalten, nutzen. Unser System verteilt nun zuerst den Strom an alle "Rotchippler", danach werden alle, die blau gechippt haben, versorgt. D.h. der rote Chip priorisiert die Ladung im System und umgeht auch die Grundladung. Damit das in einer Gemeinschaft fair geregelt ist, erhält natürlich jeder/ jede Nutzer:in einen roten Chip. Damit aber nicht nur die roten Chips benutzt werden, ist die Nutzung auf 3 mal je Monat beschränkt. D.h. 3 mal dürfen Sie sich gegenüber Ihren Nachbar:innen "vordrängeln". Im Gegenzug dürfen das aber auch Ihre Nachbar:innen. Sie werden in der Nutzung merken: Mehr als 3 mal werden Sie dieses Feature nicht brauchen - und wenn, dann steht es Ihnen zur Verfügung.

Wie oft und stark regeln unsere Lastmanagements überhaupt?

Wir erstellen jährlich Auslastungsreports über unsere Anlagen. Zudem simulieren wir anhand der Nutzung in den Anlagen größere Anlagen. Was sind hierbei unsere Erkenntnisse?

  • Ladeleistung je Stellplatz

    Wir dimensionieren private Anlagen in der Regel auf 1 kW je Stellplatz - was sich schon sehr wenig anhört. In unseren Anlagen sehen wir aber eher sogar nur einen Bedarf von 0,5 bis 0,7 kW. Woher das kommt, ist in dem entsprechenden Artikel ausgeführt. In Summe stellen wir fest, dass in all unseren Anlagen höhere Sicherheiten als ursprünglich kalkuliert enthalten sind. Dies hilft, auch stark überdurchschnittliche Tagesbedarfe abzudecken.

  • Chaotische private Nutzung

    Unsere Systeme werden im positiven Sinne sehr chaotisch genutzt. D.h. jeder/ jede Nutzer:in entscheidet selbst, ob und wann die Autos geladen werden müssen. Es gibt keine internen Absprachen ("Montag ist Waschtag"). So verteilen sich die Ladungen sehr gut auf alle Zeiten, viele Ladungen starten auch schon tags, also weitaus eher als wir dies für die Konzeptionierung mit 20 Uhr Ladestart für alle ansetzen. In der Auswertung unserer Anlagen haben wir festgestellt, dass sich der Donnerstag Abend als Ladepeak herauskristallisiert. Aber selbst in diesen wenigen Stunden sind normalerweise nicht mehr als 10 % der aktiven Wallboxen wirklich am Laden.

  • Fazit

    Selbst in den Spitzenzeiten sehen wir normalerweise nicht mehr als 10 % der aktiven Wallboxen ladend. In unserem obigen Beispiel würde dies bedeuten, dass noch alle Autos die volle Ladeleistung erhalten - eigentlich also keine Regelung notwendig wäre. Dies ist aber dann der Fall, wenn doch ein viertes Auto kommt - oder einmal die Hauslast in dieser Zeit stark überdurchschnittlich steigt. Insofern: Ein Lastmanagement ist wichtig, um Spitzen zu glätten. Starke Regelungen insbesondere Abregelungen und die Notwendigkeit der roten Chips sollten auch bei vollausgebauten Systemen eher die Seltenheit darstellen.

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