Wie viel Leistung muss es sein?

Einführung

Eine der wesentlichen Fragestellungen bei der Dimensionierung von Anlagen ist immer, wie viel Leistung muss in der Anlage vorgehalten werden, so dass alle Autos vernünftig laden können. Im Raum steht immer die Angst, dass nicht genügend Leistung für das eigene Auto vorhanden ist.

Die nachfolgenden Ausführungen gelten für primär privat genutzte Anlagen, d.h. vornehmlich WEG-Anlagen. Eine teilweise Mischnutzung durch Bürostellplätze würde diese Dimensionierung noch weiter entlasten, da die Ladezeiten verschoben sind. Rein geschäftlich genutzte Anlagen müssen individuell abgestimmt werden.

Grundsätzliche Dimensionierung

Natürlich ist jedem aus den Medien bewusst, dass Ladeinfrastruktur Netze durchaus belasten kann. So weisen handelsübliche Wallboxen Ladeleistungen von 11 kW bzw. 22 kW auf. In dem Umfeld von Mehrfamilienhäusern (WEG) sind gleichzeitig hohe Stückzahlen an Stellplätzen vorhanden, schnell mehr als 10 Stellplätze, gerne auch mehrere 100 Stellplätze.

Wenn man nun am Beispiel einer 100 Stellplatz-Garage jeder Wallbox auch nur 11 kW fix zuordnen möchte, wären dies über 1.000 kW Leistung – dies ist ein größerer Trafo, natürlich machbar, aber eher unbezahlbar. Wir sagen, es geht auch mit 100 kW, also um den Faktor 10 kleiner – was dann selbst bei 100 Stellplätzen sogar oftmals im Bestand oder ggfls. mit eigenem Anschluss, aber eben nicht mit eigenem Trafo verbunden ist. Dies ist aufgrund der geringeren Kosten natürlich deutlich interessanter. Wie kommen wir nun aber auf so geringe Leistungen?

Generell rechnen wir lieber in Kilometern, als in Ladeleistungen. Und wir rechnen immer den Vollausbau, d.h. 100 % Elektroautoquote – selbst wenn es dazu vermutlich nie kommen wird und heute eher maximal 10 % Elektroautonutzung üblich sind. Wir möchten aber von Anfang an ein System entwerfen, das alle Stellplätze gleichberechtigt versorgen könnte – aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes innerhalb der WEG.

Sieht man sich nun den Bedarf an, rechnen wir wie folgt: 

  • Ein Auto auf deutschen Straßen fährt im Mittel 12.500 km je Jahr (Quelle: Statistisches Bundesamt), Tendenz sinkend. Wir rechnen auf der sicheren Seite mit 15.000 km je Jahr.
  • Ein Elektroauto verbraucht rund 20 kWh/100 km. 

Hinweis: Dies ist eine absolute Mittelwertbetrachtung, die auf Anlagenebene auch korrekt ist. Uns ist bewusst, dass zwischen einzelnen Fahrzeugen immense Unterschiede vorliegen können, sei es durch die Jahresfahrleistung, aber auch durch den Verbrauch. Derartige unterschiedliche Bedürfnisse werden am Stellplatz über eine Ladeleistung von bis zu 22 kW ermöglicht – auf Anlagenebene gleichen sich die Autos selbstregelnd aus. 

Nimmt man nun diese Grundlagen, kommen wir auf einen mittleren Jahresbedarf von 3.000 kWh je KFZ und Jahr. Dies ist nicht wenig, das ist das, was in etwa ein 2 bis 3-Personenhaushalt ansonsten ebenfalls im Jahr benötigt.

Nun kommt aber der große Vorteil privater Ladeplätze: Autos stehen stundenlang auf den Stellplätzen, d.h. wir haben auch eine lange Zeit, um diese Strommengen in die Autos zu übertragen. In unserer Dimensionierung privater Anlagen fahren (virtuell) alle Autos um 20 Uhr in die Anlage und möchten um 6.00 Uhr wieder vollgeladen ausfahren. Wenn wir dies 300 Nächte im Jahr machen, folgen daraus 3.000 Ladestunden. Die notwendige Ladeleistung am Stellplatz beträgt damit 3000 kWh/ 3000 h = 1 kW!

Dieses 1 kW je Stellplatz genügt also, um einem Elektroauto den kompletten Bedarf zu decken. Natürlich können Elektroautos nicht mit 1 kW laden – Minimum bei vollelektrischen Autos sind üblicherweise 5 kW. Aber all das berücksichtigt dann das Lastmanagement. D.h. sollten wirklich einmal gleichzeitig mehr Autos laden wollen, greift das Lastmanagement ein, reduziert Ladeleistungen und schaltet ggfls. einige Autos temporär ab.

VERGLEICH MIT DER PRAXIS

Wir werten jährlich den Bedarf der Anlagen aus und erstellen einen Auslastungsreport. In all unseren Anlagen liegt der tatsächliche Bedarf nochmals deutlich unter diesem 1 kW, wir sehen eher 0,5 bis 0,7 kW. Woher kommen diese nochmals deutlichen Reduzierungen von dem sowieso schon so gering erscheinenden 1 kW:

  • In unserer Dimensionierung gehen wir davon aus, dass Autos nur nachts, ab 20 Uhr, laden. Natürlich können Elektroautos auch tagsüber geladen werden. Die deutliche Mehrzahl an Ladevorgängen startet vor 20 Uhr. Diese Autos sind dann meist schon voll, wenn eigentlich unserer vorgesehenes Ladezeitfenster startet und belasten so das Nachtladefenster nicht mehr.
  • Wir sind gedanklich davon ausgegangen, dass Autos ihren kompletten Energiebedarf innerhalb der Garage erhalten. Dies ist natürlich auf der sicheren Seite falsch. So werden viele Autos auch teilweise unterwegs, auf Reisen, beim Arbeitgeber, beim Einkaufen geladen. Auch dies entlastet wiederum den heimischen Ladebedarf. 

Fazit

Die Ladeleistung von Elektroautos ist durchaus verglichen mit den sonstigen üblichen Verbrauchern im Haus überdurchschnittlich. Allerdings führt die im positiven Sinne chaotische Nutzung innerhalb einer privaten Gemeinschaft (jeder steckt an, wenn er möchte) dazu, dass die notwendigen Ladeleistungen gut verteilt über den Tag stattfinden. Zudem stehen Autos auf privaten Stellplätzen vergleichsweise lange. Dies alles führt dazu, dass die notwendige Ladeleistung auf Anlagenebene auch bei größeren Stellplatzanzahlen überschaubar bleibt. Wir rechnen mit 1 kW je Stellplatz und sehen in all unseren Anlagen, dass dies  zu einer guten Nutzbarkeit der Ladepunkte führt, d.h. selten überhaupt das Lastmanagement eingreifen muss und wenn, es nur zu leichten Reduzierungen kommt. 

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