Elektromobilität für 443 Stellplätze im ländlichen Raum

Die Voraussetzungen

  • 443 Stellplätze - einfach riesig!

    Eine der größten, wenn nicht die größte, WEG-geführte Tiefgarage in Bayern. 443 Stellplätze verteilt auf einer Ebene. Hier können Wege schnell lang werden - dies gilt sowohl für die Montage, aber auch später für den Strom.

  • Bestand - keine Reserve mehr für die Elektromobilität

    Die Tiefgarage wird über einen eigenen Hausanschluss mit einer Absicherung von 3 x 200 A (138 kW) versorgt. Aufgrund der Größe wird der Strom über insgesamt 4 Technikräume verteilt. Neben Licht und Tor ist auch eine Rampenheizung zu versorgen. Vereinzelt wurden seitens des Bauträgers zudem Steckdosen an den Stellplätzen, die mit dem Gleichzeitigkeitsfaktor von 1 auch zum Laden vorgesehen waren, montiert. Formal weist der Hausanschluss keinerlei Reserven auf.

  • Die Lastgangsmessung - rund 100 kW frei

    Schon im Zuge der Vorplanung wurde seitens der WEG eine Lastgangsmessung beauftragt. Hierbei zeigte sich, dass in der Regel von den 138 kW maximal 32 kW gleichzeitig genutzt wurden, d.h. rund 100 kW dauerhaft frei sind. Formal reicht dies für 9 weitere ungeregelte Wallboxen á 11 kW, d.h. 1 % der Stellplätze - ein Tropfen auf den heißen Stein.

  • Fazit: Gesucht ist ein zukunftsfähiges Lastmanagement

    Schnell war der WEG klar: Wenn hier in maßgebendem Umfang geladen werden soll, braucht es ein zukunftsfähiges Lastmanagement.

Impressionen

Das Konzept

Nun kommen wir ins Spiel und wurden angefragt, unsere Lösung vorzustellen.

Generell denken wir immer von hinten. D.h. wir wollen immer eine Lösung ausarbeiten, in der an allen Stellplätzen Wallboxen zum Laden montiert sein können – auch bei 443 Stellplätzen. Wissentlich, dass wir noch lange nicht bei 100 % Elektroautoquote sind und 100 % vermutlich auch nie erreichen werden, entwerfen wir bedarfsgerechte Ausbaustufen. Diese werden immer so konzipiert, dass die wesentlichen Neubauteile dem Endausbau entsprechen und bis dahin möglichst der Bestand genutzt wird. Dieses Vorgehen ermöglicht, dass Investitionen immer erst dann getätigt werden, wenn sie auch gebraucht werden.

  • Der Bedarf

    Die Tiefgarage wird als WEG-geführte Garage primär privat genutzt. Besonderheit ist allerdings, dass die Garage recht ländlich liegt. Rosenheim als nächste größere Stadt ist rund 25 km, München als Großstadt rund 70 km entfernt. Beides sind durchaus Ziele der Pendler:innen, insbesondere diese Fahrtwege sind prädestiniert für Elektroautos. Wir erwarten daher eher eine überdurchschnittliche Nutzung im Vergleich zu Tiefgaragen im urbanen Raum.

  • Leistungsstufe 1 - Die Lösung für rund 130 Elektroautos.

    In einem ersten Schritt sollte der Hausanschluss so, wie er derzeit vorliegt, genutzt werden. Hierzu haben wir ein dynamisches Lastmanagement eingebaut, welches den Hausanschluss überwacht und so jederzeit die jeweils nicht in der Tiefgarage genutzte Leistung für die Elektromobilität nutzbar macht. Maximal sind so rund 130 kW nutzbar. Wir erwarten, dass hiermit ganz grob 130 Elektroautos ausreichend versorgbar sind.

  • Leistungsstufe 2 - Die Aufsicherung des Hausanschlusses

    In einem zweiten Schritt kann der Hausanschluss durch eine weitere Zuleitung auf 3 x 2 x 200 A erweitert werden. So wären ca. 260 kW für die Elektromobilität nutzbar und damit ein Ausbaugrad von mindestens 60 % erreichbar. Wir gehen zudem davon aus, dass bei derart hohen ladenden Autos die Statistik dazu führen wird, dass deutlich mehr Autos mit hoher Ladesicherheit versorgt werden können. Bei einem Ansatz der ansonsten notwendigen 0,5 kW/ Stellplatz würde dies sogar für eine vollständige Elektrifizierung aller Stellplätze genügen.

  • Endausbaustufe - Der Neuanschluss

    Sollte die in der Leistungsstufe 2 erreichbare Ladesicherheit wider Erwarten nicht genügen, muss über eine weitere zusätzliche Versorgung der Tiefgarage nachgedacht werden. Aber auch hier gilt: Die Anlage in der Tiefgarage an sich ist darauf vorbereitet.

  • Die Stromverteilung in der Tiefgarage

    Für die ersten beiden Leistungsstufen wird der Strom für die Elektromobilität über die Bestandskabel geleitet, welche den zentralen Hausanschluss mit den übrigen Technikräumen verbinden. Großer Vorteil: Die Bestandsressourcen werden genutzt. Über diese können wir maximal je 80 A zusätzlich zum Bestandsbedarf zu den dezentralen Technikräumen leiten. Von dort fließt der Strom dann ausgehend dieser Räume in die angrenzenden Bereiche. Wir nennen diese Verteilung und Regelung "Sektionsregelung". D.h. die Wallboxen, welche über einen Technikraum angeschlossen sind, werden auf maximal 80 A geregelt. Alle Wallboxen aller Sektionen sind dann auf 200 A abzüglich des TG-Verbrauchs limitiert.

  • Die Stromverteilung in den Sektionen

    Generell gilt: Die Grundverteilung innerhalb der Tiefgarage, welche in der Ausbaustufe 1 eingebaut werden muss, soll auch dem Endausbau entsprechen. Im hiesigen Beispiel wurden in den Sektionen klassische Unterverteiler gesetzt, welche jeweils rund 15 direkt angrenzende Stellplätze versorgen. Die Unterverteiler in der Garage sind mit 100 A-Kabeln untereinander verbunden.

  • Die Regelung der Sektionen und der Endausbau

    In den ersten beiden Ausbaustufen sind die 3 Sektionen wie oben beschrieben auf je 80 A beschränkt. Will man in einer Endausbaustufe mehr Strom in den einzelnen Bereichen nutzen, müssen neue Kabel zu den Technikräumen gezogen werden. Die Sektionen können dann jeweils noch weiter aufgeschlüsselt werden (Vervielfältigung von Sektionen), so dass die stärkere Stromversorgung dann letztlich über 9 Sektionen á 80 A überall nutzbar wäre - ohne weiteren Umbau der Verteilung in der Tiefgarage selbst.

Impressionen

Die Umsetzung

  • Erstbesichtigung und Erstkonzept

    Frühjahr 2022: Die ersten Gespräche und Grobkonzeptionierungen starteten für uns im Frühjahr 2022. Nach kurzer Zeit hatten wir zusammen mit Vertretern der WEG und der Hausverwaltung ein gewünschtes Konzept erstellt.

  • Suche nach einem Fachbetrieb

    Neben der Regelungstechnik liegt der Hauptaufwand eines Einbaus einer Ladeinfrastruktur in der Verkabelung selbst. Mit Elektro Weinl GmbH (Rosenheim) hatten wir schon erfolgreich eine Anlage zuvor umgesetzt und so freuten wir uns, eine weitere Anlage mit dem Team von Elektro Weinl umsetzen zu können.

  • Die Mehrheitsfindung

    Soll die Ladeinfrastruktur als Gemeinschaftsprojekt der WEG umgesetzt werden, erfordert dies eine qualifizierte 2/3-Mehrheit. Damit die Entscheidung auf der anstehenden Eigentümerversammlung auch von allen fundiert getroffen werden konnte, wurden seitens des WEG-Teams "Elektromobilität" Infotage abgehalten, in denen das Konzept mit umfangreichen Infoständen und Präsentation der Hardware (Wallboxen) vorgestellt wurde und jederzeit Fragen beantwortet wurden.

  • Die Beauftragung

    Die Beauftragung erfolgte dann Anfang 2023 - eine sehr kurze Spanne für Wohnungseigentümergemeinschaften insbesondere in dieser Größe. Das geht nur mit extrem guter Vorbereitung und Kommunikation auf Seiten der Hausverwaltung und der Beiräte/ treibenden Kräfte.

  • Der Einbau

    Man kann es sich vorstellen: Der Einbau der Ladeinfrastruktur für insgesamt 443 Stellplätze erfolgt nicht "über Nacht". Das Team von Elektro Weinl hat deshalb ab April 2023 zuerst mit den Arbeiten in der zentralen Stromversorgung begonnen. Im Anschluss wurde die Tiefgarage in mehrere Bauabschnitte unterteilt und so nach und nach alle Stellplätze verkabelt. Parallel wurden auch gleich die Wallboxen montiert, welche im Erstausbau gewünscht waren.

  • Die Übergabe

    Schon während der Bauphase wurden einzelne Sektionen in Betrieb genommen. Die offizielle Übergabe erfolgte nach einer erfolgreichen Abnahme durch einen externen Sachverständigen Mitte September 2023, also nach nur ca. 4 Monaten Bauzeit. Auch wenn in den vorab in Betrieb genommenen Sektionen schon ein Laden möglich war - ab diesem Zeitpunkt war es offiziell möglich.

Impressionen

Auch für uns war und ist dieses Projekt ein Highlight – alleine schon wegen der enormen Größe. Aber auch derartige Großgaragen lassen sich mit vergleichsweise überschaubarem Aufwand für das Laden von Elektroautos ausstatten. 

Wir bedanken uns für den reibungslosen Ablauf bei der Wohnungseigentümergemeinschaft, die sehr konstruktiv und mit hohem Sachverstand das Projekt angestoßen, beauftragt und auch betreut haben. Wir bedanken uns zudem bei den Mitarbeitenden der Hausverwaltung, welche die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit eingeholt haben und jederzeit proaktiv vor Ort die Wege geebnet hat. Zuletzt möchten wir uns bei der Firma Elektro Weinl GmbH bedanken, welche termintreu und sehr professionell die vielen Kilometer Kabel/ Pritschen etc. verlegt und verbaut hat. 

Wir wünschen den Nutzer:innen der WEG immer genügend Strom für eine stressfreie und sichere Ladung während der Parkzeit in der heimischen Tiefgarage – so funktioniert Elektromobilität komfortabel. 

Der Betrieb und die derzeitige Auslastung

In der Anlage sind derzeit rund 50 Wallboxen eingebaut, von denen Stand Ende 2023 rund 30 Stück aktiv genutzt werden. Die Anlage läuft störungsfrei. Bisher musste selbst bei aktiver Rampenheizung keinerlei Regelung gegen den Hausanschluss vorgesehen werden, d.h. die 60 kW möglicher Ladeleistung bei aktiver Rampenheizung waren selbst bei 30 aktiven Wallboxen immer ausreichend. Über weite Teile des Tages und auch in der Nacht liegt die Anlage komplett brach und bietet so Reserven für viele weitere Elektroautos.

Ansprechpartner

Sollten Sie Fragen zur Anlage haben, stehen wir Ihnen natürlich jederzeit gerne zur Verfügung.

Aber auch die Beiräte der Eigentümergesellschaft, Herr Günter Beck und Herr Christian Orth (erreichbar unter tg_saegmuehle at outlook.de) helfen Ihnen gerne weiter, wie man auch im WEG-Umfeld ein derartiges Projekt zeitnah umsetzen kann und an was man aus Sicht der Beiräte alles denken sollte.

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