Zum 01.12.2020 ist die WEG-Reform (kurz WEMoG) in Kraft getreten. Insbesondere für den Einbau von Elektroladestationen ergeben sich deutliche Vereinfachungen. Allerdings lauern hier auch einige Fallstricke. Damit Sie auf dieser kurvigen Straße den richtigen Weg finden, führen wir aus unserer praktischen Erfahrung einige Punkte nachfolgend aus.
Der Einbau einer Ladeinfrastruktur in Gemeinschaftsbereichen zählt als bauliche Änderung. Diese war – wie auch alle anderen baulichen Änderungen – bisher nur mit einer Allstimmigkeit in der Gemeinschaft umsetzbar. In der Praxis war damit der Ausbau einer Ladeinfrastruktur verhindert.
Mit dem 01.12.2020 und der Einführung des WEMoG ist dies nun geändert: Bauliche Änderungen können nun auch mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Allerdings gilt, dass bis zu einer Zustimmungsquote von 66 % die Kosten für diese Änderung durch die “Koalition der Willigen” getragen werden muss.
Die Schaffung von Elektroladeplätzen ist zudem mit einem Zusatzanspruch versehen. So hat jeder einzelne Eigentümer den Anspruch auf eine Lademöglichkeit am eigenen Stellplatz. Nur mit “guten Gründen” kann dieser Anspruch abgewehrt werden.
Fazit: Der Ausbau von Ladeinfrastuktur ist rechtlich deutlich vereinfacht worden.
Nun aber das “Aber”: In der Regel sind Hausanschlüsse so dimensioniert, dass durchaus ein wenig Reserve vorhanden ist. Diese Reserve kann nun für die ersten Wallboxen verwendet werden. Schon nach wenigen Wallboxen ist diese Reserve in der Regel aber aufgebraucht. Der Grundsatz hierbei ist, dass Wallboxen als ständige Last betrachtet werden müssen, d.h. die Leistung der Wallboxen müssen vollständig von der Reserve abgezogen werden (Gleichzeitigkeitsfaktor 1).
Beispiel: Liegen 50 kW Reserve vor, können 4 Wallboxen mit einer Einzelleistung von 11 kW angeschlossen werden. Der Anschluss einer 5. Wallbox wäre hier nicht mehr möglich.
Soll in diesem Beispiel nun eine fünfte Wallbox installiert werden, wird die Auskunft vom Netzbetreiber ein Angebot für die Neuverlegung eines neuen Kabels zum Hausanschluss sein. Dieses kostet oftmals mehrere 10 TEUR, da hier aufwändige Erdarbeiten oder/ und Trafoaufrüstungen notwendig sind. In Konsequenz ist ab diesem Zeitpunkt der Ausbau der Elektromobilität unterbunden. Und es gilt: Der eigentlich in der Gemeinschaft geltende Grundsatz der Gleichberechtigung ist verletzt. D.h. faktisch kann dem fünften Nutzer nicht das gleiche Recht eingeräumt werden, wie den ersten vier.
Damit Sie dauerhaft Freude an der Entscheidung pro-Ladepunkte haben, empfehlen wir folgende Punkte.
Denken Sie die Elektromobilität von Anfang an technisch “komplett”, also bis zum Ende durch. Auch wenn sich heute nur wenige Interessenten für den Einbau einer Ladeinfrastruktur finden und noch nicht alle davon überzeugt sind, dass sich die Elektromobilität durchsetzt, sollte immer auch ein Ausbau auf 100 % Elektromobilität angedacht sein.
Denn: Technisch ist eine derartige Umsetzung mit den richtigen Schritten am Anfang einfach möglich.
Und das Schöne: Die Mehrkosten für die spätere Flexibilität, z.B. der Einbau eines Lastmanagementsystems, sind vergleichsweise gering. Und schon bei wenigen Teilnehmern ist ein derartiges System oftmals z.B. durch eine zentrale Verkabelung günstiger, als der Wildwuchs, der entsteht, wenn jeder Eigentümer “sein” System bzw. “seine” Verkabelung umsetzt.
Eine spätere Umrüstung auf ein Lastmanagement bedarf z.B. den Austausch der anfangs angeschafften Wallboxen, Kosten, die mit dem richtigen Grundstein vermieden werden müssen.
Schaffen Sie Beschlüsse, die die notwendige Flexibilität beibehalten. Wir empfehlen zu vermeiden, feste Leistungszuweisungen an die ersten Wallboxen zu genehmigen. So müssten diese bei einem späteren Einbau eines Lastmanagements rechtlich wieder dem Eigentümer weggenommen werden, um diese Reserven der kompletten Elektromobilität zuordnen zu können. Derzeit ist aufgrund fehlender Rechtsprechung nicht geklärt, wie eine derartige spätere Beschneidung erfolgen kann. Gehen Sie lieber proaktiv voran und beschließen ein System, das von Anfang an dafür gedacht ist, dass alle Stellplätze elektrifiziert werden können und untereinander fair behandelt werden.
Zudem muss unserer Meinung nach von Anfang an klargestellt sein, wie Kosten für spätere Erweiterungen der zentralen Infrastruktur, z.B. eine weitere Aufsicherung des Hausanschlusses oder der Wechsel auf ein dynamisches Lastmanagement, in der Gemeinschaft verteilt werden.
Setzen Sie auf flexible Systeme, die mit dem tatsächlichen Bedarf ausgebaut werden können. Nur, weil ein System bis “zum Ende” durchdacht wird, muss es natürlich nicht auch von Anfang an so umgesetzt sein. So können z.B. Aufsicherungen des Hausanschlusses so lange hinausgezögert werden, bis die aktuelle Nutzung diesesn Schritt notwendig machen wird.
Setzen Sie auf Systeme, die geringe Kosten in der Grundinstallation benötigen. Dieser Punkt ist insofern wichtig, als dass es den gesamten Ablauf des Ausbaus natürlich vereinfacht, wenn die Gemeinschaft in Summe hinter dem Projekt steht und keine Teilgemeinschaften gebildet werden müssen. So kommt spätestens aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes der Einbau einer Grundverkabelung letztlich allen zu Gute, stellt also für alle Eigentümer eine Wertsteigerung ihrer Immobilie dar. Dies gilt also für Eigentümer, die von Anfang an beteiligt waren, als auch solche, die dagegen gestimmt haben. Wir empfehlen daher zu versuchen, dass die Kosten der zentralen Infrastruktur (Zähleranschluss, Grundverkabelung, Lastmanagement) von der gesamten Gemeinschaft getragen wird. So werden notwendige Regelungen für eine spätere Integration bisher ausgeschlossener Eigentümer vermieden.
Eine derartige Vorgehensweise ist dann einfacher möglich, wenn die Kosten für diese Grundinstallation möglichst gering gehalten werden. Bei unseren Systemen liegen wir erfahrungsgemäßg für die Grundinstallation mit Kosten in Höhe von 300 bis 400 EUR pro Stellplatz in einem Bereich, der nach unserer Erfahrung durchaus die notwendigen Mehrheiten schaffen lässt.